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Entstehung und Bedeutung der studentischen Bräuche
Das „Schemnitzer studentische Brauchtum” stellt ein weltweit einzigartiges Erbe dar. Da die Akademie zu Schemnitz zur damaligen Zeit die einzige Institution dieser Art war, kamen nahezu alle Studenten aus der Ferne d.h. aus verschiedenen Provinzen des Habsburger Reiches und aus anderen europäischen Ländern an die Akademie. Es gab damals kein Studentenwohnheim, keine ärztliche Versorgung u.Ä., so halfen die erfahrenen, älteren Kommilitonen den jüngeren hinsichtlich des Lebensunterhalts bzw. auf den Beinen zu bleiben. Um herauszufinden, ob Neuankömmlinge des Vertrauens würdig sind und den späteren Erwartungen entsprechen werden, wurden sie Proben unterzogen. Diesem Zweck diente damals und auch heute noch eine ausgiebige Unterweisung, bei der die Studierenden, ab und zu auch einem derben Spaß ausgesetzt, zum „balek” (Gimpel) werden. Ernsthafte Regeln können ja nicht ohne Heiterkeit existieren.
Bei der Entwicklung der Bräuche wurden in der Regel keine neuen Formen erfunden, sondern es wurden die über lange Jahrhunderte herausgebildeten, gemeinschaftsfördernden Bräuche anderer europäischer Universitäten und Zünfte übernommen. Ihre Wurzeln reichen wahrscheinlich bis zu den Zünften im Mittelalter zurück. In Westeuropa wurden bereits im 13. und im 14. Jahrhundert Zünfte gegründet, die zur Wahrung gemeinsamer Interessen von Handwerkern des gleichen Gewerbes dienten. Allerdings sind Prüfung, Einweihung, geselliges Vergnügen, gemeinsamer Gesang vielerorts bekannte Rituale.
Zum Beispiel erfolgte eine Meisterprüfung im Spätmittelalter auf die folgende Weise: Es wurde ein geselliges Mahl veranstaltet, bei dem der für ein Jahr gewählte Vorsteher die Leitung übernahm. Die Jüngeren trugen die Speisen auf und kümmerten sich um das Nachhausebringen der Betrunkenen. Dem zu taufenden zukünftigen Meister wurden die Augen verbunden, eine Waschschüssel oder ein Trog wurde zwischen seine Beine gestellt und im wurden verschiedene Fragen gestellt. Nach jeder Antwort musste er trinken. Wenn er die Prüfung bestanden hatte, konnte er einen Paten wählen, der ihn mit Wasser übergoss und über den Trog stieß. Danach bekam er sogar drei Ohrfeigen für die Sünden, die er als Lehrling begangen hatte bzw. um für die Freundschaft alles ertragen zu können. Als Nachweis für die Taufe erhielt er einen Taufschein. Im Laufe der Zeit gestalteten die Studenten die Traditionen nach ihrem Geschmack, sie ließen Bestandteile weg oder nahmen neue hinzu. Oft brachten ausländische Studenten die Bräuche ihrer Heimat mit, aber in den meisten Bräuchen blieb nach wie vor der deutsche, später der ungarischen Charakter erhalten. (Es ist interessant, dass die Lehrkräfte und die Studenten, die auf Deutsch studierten und sich nach den deutschen Traditionen richteten, in der Regel ungarisch gesinnt blieben.) Das Leben bestand aber nicht nur aus Vergnügen. Eigene Hilfsvereine wurden zur Unterstützung bedürftiger Studenten gegründet. Es wurden Bälle und Programme zu wohltätigen Zwecken veranstaltet, kranke Kommilitonen wurden gepflegt, es war keine Seltenheit, dass für sie von den anderen Decken, Kissen oder Brennmaterial gespendet wurden. Die Studenten trugen auch die Bestattungskosten ihrer verstorbenen Kommilitonen. In allen Bereichen des Lebens kam das Prinzip „einer für alle, alle für einen” zum Ausdruck.
Im Laufe der Jahrzehnte haben sich die Traditionen stets verändert, aber ihre Aussage blieb unverändert: den Beruf lieben, ältere Studenten ehren, den Kommilitonen helfen, Mädchen den Hof machen und ein so fröhliches Studentenleben wie möglich erleben.
Uniformen
Das erste Fach in Schemnitz war Bergbau, deshalb kann die Bergmannstracht als Vorgänger unserer Uniformen angesehen werden. Unter Bergleuten entwickelten sich aufgrund ihrer speziellen Arbeit spezifische Bräuche z. B. im Zusammenhang mit den Werkzeugen, der Fachsprache und der Arbeitskleidung. Die Tracht unterlag mehrere Jahrhunderte hindurch Wandlungen, bis sie ihre endgültige Form erhielt. Sie änderte sich in Bezug auf Farbe und auch am Schnitt: Mancherorts wurde sie prächtiger und farbiger, schließlich verbreitete sich jedoch die schwarze Tracht mit einfachen silbernen und goldenen Knöpfen und Verschnürung. Die Bergmannstracht war lange Zeit nicht einheitlich, denn ihr Aussehen war nicht durch Vorschriften festgelegt, sondern wurde lediglich überliefert. Die erste Vorschrift dazu entstand 1719 in Sachsen. Die Arbeitskleidung sollte die körperliche Unversehrtheit der Bergleute vor Steinschlag, Staub und Feuchtigkeit gewährleisten. Heutzutage werden bei der Arbeit einfache Hemden und Hosen getragen. Die Bergmannstracht wird nur noch zu festlichen Anlässen angelegt wie z.B. Fachabend, Bergmannstag, Bestattung.
Fachabende
Fachabende sind zweifellos die Veranstaltungen von höchster Feierlichkeit und höchstem Rang, welche die Schemnitzer Traditionen am treuesten wiedergeben. Die Bezeichnung ist deutschen Ursprungs. Anfangs veranstalteten die Bergbaustudenten in Schemnitz ihre Fachabende an ihrem beliebten Treffpunkt, nämlich in der Kneipe „Neuschacht”, (kurz „Schacht“ genannt), die sich am Fuße des Bergs Tanád im westlichen Teil der Stadt befand. Damals war Deutsch die Unterrichtssprache und dementsprechend auch die Sprache der Studentenbräuche. So wurden diese Veranstaltungen, die gelegentlich bis zur Morgendämmerung dauerten auch „Schachttag“ benannt. Da bei diesen Treffen nur ein Fach vertreten war und sich nach dem Ausgleich von 1867 die ungarische Sprache und die ungarischen Bräuche verbreiteten, änderte sich die Bezeichnung des Abends zu „Szakestély”(Fachabend).
Die ersten Fachabende waren Veranstaltungen, auf denen in erster Linie Fachdiskussionen geführt wurden und Spaß und Vergnügen erst an zweiter Stelle standen. Später, als auch die Forstwirtschaftsstudenten den Veranstaltungen beiwohnen durften, trat das Fachliche mehr und mehr in den Hintergrund, während die Freude am Feiern und das ausgelassene aber kultivierte Vergnügen in den Vordergrund rückten. Fachabende sind heute studentische Veranstaltungen, denen nur eingeladene Gäste beiwohnen dürfen. Da die Einladung in der Regel auf den Namen lautet, kann sie nicht übertragen werden. Eingeladen werden können Studierende bestimmter Studienjahre vom gleichen Fach, die früher getauft worden sind bzw. am Fachabend getauft werden, desweiteren Vertreter verwandter Fächer, Dozenten und sog.„Veteranen”. Ein Fachabend ist immer an einen bestimmten Anlass gebunden, der den Ablauf entscheidend beeinflusst. Es gibt folgende Anlässe für Fachabende: balekkeresztelő (Taufe der Gimpel), gyűrű- és kupaavató (Inauguration der Ringe und Pokale), szalagavató (Inauguration der Bänder), valétáns (Abschied), gyász (Trauer), kohlenbrenner (Kohlenbrenner). Nicht an jeder Hochschule finden alle Arten von Fachabenden statt. Es gibt aber welche, die jedes Jahr an jeder Hochschule zu veranstalten sind, wie z. B. „die Taufe der Gimpel”.
„Salamander” (Abschiedsmärsche)
Die Abschiedsfeier der Hochschulabgänger ist seit 1830 bekannt. Von hier verbreitete sich dieses Fest landesweit und es findet heute überall statt. Sein Ursprung lässt sich bis ins Mittelalter zurückführen, als sich Ritter vor einem Ritterturnier, zünftige Gesellen vor den Wanderjahren, Studenten vor dem Umzug in eine andere Stadt verabschiedeten. In Schemnitz wurden die Absolventen mit einem Fackelzug bis zum Stadttor begleitet, wo man ihnen in den Hintern trat, um zu signalisieren, dass Philister nicht mehr dazugehören.
Dieser Brauch ist bei uns schon ausgestorben, aber der Abschied von der Stadt ist erhalten geblieben und wird „Salamander” genannt. In Miskolc beginnt der Umzug auf dem Városháztér (Rathausplatz) und endet auf dem Petőfi tér (Petőfi-Platz). Am Treffpunkt stellen sich die Studierenden hinter den Fahnen der Fakultäten auf. Im Namen der Stadt verabschiedet sich der Bürgermeister, im Namen der Universität der Rektor von den Absolventen und ein Vertreter der Studenten (einer der Vorsitzenden des „Valetenkomitees”) nimmt im Namen aller Absolventen von der Stadt Abschied. Anschließend geht eine Gruppe mit Grubenlampen vor den Fahnen und den Studierenden in „Salamander –Formation” los. An beiden Seiten marschieren Studenten mit Fackeln und singen unterwegs Burschenlieder. Jedes Jahr legen sie dieselbe Route zurück. Auf dem Petőfi tér übergeben die Vorsitzenden des Valetenkomitees ihren Nachfolgern die Vorsitzendenbänder und die Fahnen der Fakultäten. Bei dem „Salamander” werden die Hymnen der Fakultäten, „Gaudeamus igitur …” und ein ungarisches Abschiedslied „Ballag már a vén diák …” gesungen.
Hymne der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften